Am 14. Dezember 2022 setzte sich der Digitalausschuss in einer öffentlichen Anhörung mit dem Thema Metaverse & Web3 auseinander. Geladene Sachverständige bewerteten die Chancen und Risiken des Metaverse, leider ohne sich mit der Thematik ernsthaft auseinander gesetzt zu haben, wie die inhaltliche fehlerhafte Zusammenfassung des Gespräches aufzeigt. Im folgenden gehen wir auf eben jene inhaltliche Fehler ein. Die Aufzeichnung des Digitalausschusses, sowie die Ergebnisse sind hier zu entnehmen.
Inhaltsverzeichnis
Aufarbeitung der fehlerhaften Einleitung des Digitalausschuss
Der Digitalausschuss bewertete Chancen und Risiken zum sogenannten Web 3.0 und dem Metaverse des Facebook-Konzerns Meta: Bereits der zweite Satz der Einleitung zeigt auf, dass der Großteil der Personen in der Diskussionsrunde sich kein eigenes Bild über die Thematik verschafft hat. Gibt es denn wirklich noch Menschen, die nicht verstanden haben, dass Zuckerberg NICHT das Metaverse erfunden oder kreiert hat? Zuckerberg ist lediglich ein Mitbewerber und Trendsetzer der Thematik Metaverse. Metaverse-Plattformen gibt es bereits seit 2017, der Begriff stammt aus der Literatur und Web 3.0 Technologien sind bisher bei Zuckerbergs Plattform nicht bekannt.
Mit dem Web 3.0 ist nicht die Vision eines dezentralen Internets gemeint, sondern bereits existierende, dezentrale Anwendungen. Das Metaverse soll auch nicht eine digitale Alternative zur physischen Welt darstellen, dass wünschen sich nicht einmal Metaverse-Enthusiasten, es bettet virtuelle Elemente in die Realität ein und verbindet diese Welten miteinander.
Kritik & Chancen am Web 3.0 & Metaverse
Bevor wir uns aber in den inhaltlichen Fehlern komplett verlieren, widmen wir uns den relevantesten Themen: Der Kritik und den Chancen am Web 3.0 und dem Metaverse. Folgende Punkte fassen wir von dem Digitalausschuss zusammen:
Kritik & Sorgen
- Blockchain-Anwendungen sollen nicht nicht mit aktuellem Recht & Datenschutz funktionieren (Wie beispielsweise das Recht auf Vergessenwerden, was mit der Blockchain-Technologie kollidiert, da Informationen nicht nachträglich gelöscht werden können)
- Verbraucherschutz soll im Web3 auf der Strecke bleiben
- Das Internet habe mehr Ernsthaftigkeit verdient
- Abfluss personenbezogener Daten könne nicht rückgängig gemacht werden
- Investitionen würden der Innovation wegen realisiert
- Soziale Auswirkungen würden nicht berücksichtigt werden
- Erhöhte Kommerzielle Ausbeutung durch Intelligente Verträge
- Machtverteilung bei Blockchain Projekten bleibe zentralisiert
- Digitalausschuss macht auf Betrug & Diebstahl aufmerksam
Chancen & Potenzial
- Industriesektor könnte viel Potenzial im Web3 finden
- Chancen, dass Nutzer Inhalte besitzen, kontrollieren und monetarisieren könnten
- Prozesse könnten sichtbar verändert und verbessert werden
- Erhöhtes Informationsverständnis durch eine dreidimensionale Informationsaufnahme
Web 3.0. kollidiert mit Recht & Datenschutz
Es gibt berechtigte Sorgen und Kritik an Web 3.0 und dem Metaverse. Blockchain-Anwendungen kollidieren tatsächlich seit einigen Jahren mit Datenschutz-Bestimmungen, sowie dem Recht. Informationen auf der Blockchain, beispielsweise Transaktionen, werden auf alle Zeiten festgeschrieben und können nicht mehr gelöscht werden.
Es stimmt, so können nur sehr schwer „Daten“ vergessen werden. Der Vorteil ist jedoch auch genau der Nachteil. Verifiziert kann so Herkunft und Bewegung digitaler Besitztümer nachverfolgt werden. Es wirkt in der Debatte jedoch so, als wäre das Problem, dass man von einem vollständigen Ersetzen gängiger Praxis sprechen würde. Private Bewegungen sollen ja nicht ersetzt werden, es soll nur auch die Möglichkeit geben, mithilfe Blockchain-Transaktionen diese Daten festzuschreiben. Nutzern von Web 3.0. oder Blockchain sind sich dieser Defizite & Vorteile ja bewusst.
Hinzu kommg, dass Anonymität und Blockchain durchaus in einen Kontext gebracht werden kann. DecentraVote, ein Tool welches für Abstimmungen genutzt wird ist ein beispielloses Vorzeige-Projekt. So wäre es mit solch einem Blockchain-Tool beispielsweise möglich die Wahlen in Deutschland nicht nur digitalisiert stattfinden zu lassen, sondern sicherer und durchaus anonym.
Wie würde DecentraVote funktionieren? Das zuständige Amt müsste eine Liste aller Wähle auf die Blockchain hochladen. Die Blockchain bietet die Möglichkeit, diese Liste unveränderbar zu machen. Die Wähler erhalten einen Zugriff zum Anmeldesystem z. B. in Form eines Access Codes, welcher per E-Mail versendet wird oder per Post. Hier wird ja ohnehin schon Post zur Wahl versendet. Die Identitätsfeststellung erfolgt mittels der Zero-Knowledge-Proof-Technologie. Weitere Informationen sind hier zu entnehmen. Hierbei haben die Wähler die Möglichkeit zu beweisen, dass sie auf der Liste stehen, ohne zu verraten, wer sie sind.
Mit der Hilfe eines Zertifikats wird außerdem eine Doppelabstimmung verhindert.
Verbraucherschutz im Metaverse
In der physischen Welt unterliegen Unternehmen dem allgemeinen Geltungsbereich des Verbraucherschutzgesetzes von 2019, um sie daran zu hindern, unlautere Handelspraktiken wie irreführende Werbung oder Köder- und Schaltersysteme anzuwenden. In der Metaverse kann es jedoch schwieriger sein, diese zu regulieren und durchzusetzen. Beispielsweise können Unternehmen immersive virtuelle Erlebnisse oder Spiele verwenden, um Produkte oder Dienstleistungen auf eine Weise zu bewerben, die nicht transparent ist und die Verbraucher irreführt. Dies könnte für gefährdete Bevölkerungsgruppen wie Kinder oder ältere Menschen besonders schädlich sein.
Jedoch haben ja bereits mehrere Regierungsinstitutionen in Ländern wie den Vereinigten Arabischen Emiraten, Südkorea, den USA und Japan Richtlinien, Initiativen und Strategien angekündigt, um die Metaverse für Wirtschaftswachstum und Governance zu nutzen. Warum sollte sich also der deutsche Verbraucherschutz einfach davor verwehren? Auf die Problematik hinzuweisen, jedoch sich deswegen garnicht erst damit auseinander zu setzen wirkt für uns nicht logisch. Gerade wenn es doch offensichtliche Lücken und Schwierigkeiten gibt, ist es doch wichtig dass insbesondere von Regierungsseite Regulierungen stattfinden. Jetzt im Bereich Metaverse aktiv zu werden verhindert ein Ausmaß an Verbraucherschäden wie zuletzt bei Facebook, Google und co..
Digitalausschuss wünscht sich mehr Ernsthaftigkeit im Netz
Um dem Internet mit mehr Ernsthaftigkeit zu begegnen ist es wohl wichtig, dass insbesondere vom Digitalausschuss Themen wie Web 3.0., Blockchain und Metaverse ernst nehmen.
Abfluss personenbezogener Daten
Daten, welche auf der Blockchain verarbeitet werden, könnten theoretisch von jedem eingesehen und verarbeitet werden. Natürlich könnten so die Daten für missbräuchliche Zwecke genutzt werden. Die Frage ist jedoch, ob wir weiterhin in einem Internet agieren wollen, wo diese bemerkenswerte Macht durch Daten lediglich den wenigen, großen Big Tec Unternehmen vorbehalten bleiben sollte.
Denn derzeit sind es wohl insbesondere Unternehmen, die ihren Hauptgeschäftszweck auf das Sammeln von Daten, und das verarbeiten Dieser ausgelegt haben, welche ein Ungleichgewicht in digitale Machtverhältnisse bringen. Nutzer des Internets besitzen zunehmend weniger Übersicht darüber, welche Daten welche Dienstleister über die eigene Person besitzen. Warum sollten diese Daten also nicht einfach offengelegt werden?
Insbesondere für Staaten könnte dies interessant werden, da auf Blockchains in erster Linie Transaktionen abgespeichert werden. Unternehmen, die ihre Geschäfte nur über Blockchains führen konnten so direkt an das Finanzamt angeschlossen werden und so keinen einzigen Cent mehr an den Augen der Regierung vorbei schleusen. Zum Glück ist Steuerhinterziehung aber ja nur ein kleines Problem in Deutschland… oder eben auch nicht.
Soziale Auswirkungen werden nicht berücksichtigt
Die Investmentbank Jeffries hat kürzlich erklärt, dass das Metaverse die größte Umwälzung unserer Lebensweise sein wird, die die Welt je gesehen hat – und die Finanzunternehmen betrachten das Metaverse als eine große potenzielle Chance.
Nutzer sind heute bereits in der Lage, das Internet mit einem Avatar zu betreten, oder das Internet in Form einer erweiterten Realität zu erleben. Wenn man bei Google nach „Dinosaurier“ sucht, können Augmented-Reality-Versionen prähistorischer Lieblingskreaturen direkt in dem eigenen Zimmer erscheinen. Junge Menschen besuchen immersive Konzerte in Fortnite, andere bnutzen Avatar-basierte Dating-Apps.
Das Metaverse bietet heute bereits innovative Möglichkeiten für unsere Gesundheit. Therapeuten setzen VR-Brillen ein, um Patienten eine Expositionstherapie anzubieten, damit sie die Situationen, die ihnen Angst machen, in einer sicheren, kontrollierten Umgebung erleben können. Auch Chirurgen nutzen Augmented-Reality-Technologien, um bestimmte chirurgische Eingriffe anzuleiten – und sie können mit digitalen Zwillingen für Operationen trainieren.
Wir geben dem Digitalausschuss hier vollumfänglich Recht. Soziale Auswirkungen müssen berücksichtigt werden. Aber nicht erst wieder, wenn alles bereits passiert ist. Verantwortung muss noch vor dem großen Knall und der simplen Zugänglichkeit stattfinden. In den kommenden Jahren sind Augmented-Reality Brillen geplant, die das Metaverse in den Alltag einbetten werden. Wenn Unternehmen wie Apple erneut Recht mit ihren innovativen Technologien beibehalten werden, dann müssen soziale Auswirkungen heute bereits durchgespielt werden, um passende Maßnahmen noch vorab zu ergreifen.
Intelligente Verträge
Intelligente Verträge“ sind ein wichtiger Bestandteil vieler Plattformen und Anwendungen, die mit der Blockchain- oder Distributed-Ledger-Technologie entwickelt werden. Bevor wir auf die Risiken von „Smart Contracts“ eingehen, wollen wir auf die Gebiete eingehen, bei denen Smart Contracts heute bereits ihre Mehrwerte beweisen:
1. Smart Contracts im Wahlsystem
Auch wenn wir es oben bereits technologisch erklärt hatten: Intelligente Verträge bieten eine sichere Umgebung, die das Wahlsystem weniger anfällig für Manipulationen macht. Abstimmungen mit intelligenten Verträgen wären durch einen Ledger geschützt, der extrem schwer zu entschlüsseln ist.
Darüber hinaus könnten Smart Contracts die Wahlbeteiligung erhöhen, die aufgrund des ineffizienten Systems, bei dem sich die Wähler anstellen, ausweisen und Formulare ausfüllen müssen, historisch niedrig ist. Wenn die Stimmabgabe online mit Hilfe von intelligenten Verträgen übertragen wird, kann die Zahl der Teilnehmer an einem Wahlsystem erhöht werden.
2. Smart Contracts im Gesundheitswesen
Blockchain kann die verschlüsselten Gesundheitsdaten von Patienten mit einem privaten Schlüssel speichern. Aus Gründen des Datenschutzes würden nur bestimmte Personen Zugang zu den Daten erhalten. Auch die Forschung kann mithilfe von Smart Contracts vertraulich und sicher durchgeführt werden.
Alle Krankenhausquittungen von Patienten können auf der Blockchain gespeichert und als Leistungsnachweis automatisch an Versicherungsunternehmen weitergegeben werden. Darüber hinaus kann das Hauptbuch für verschiedene Aktivitäten genutzt werden, z. B. für die Verwaltung von Vorräten, die Überwachung von Medikamenten und die Einhaltung von Vorschriften.
3. Smart Contracts in Lieferketten
Traditionell leiden Lieferketten unter papiergestützten Systemen, bei denen Formulare mehrere Kanäle durchlaufen, um Genehmigungen zu erhalten. Dieser mühsame Prozess erhöht das Risiko von Betrug und Verlust.
Blockchain kann solche Risiken ausschalten, indem es den an der Kette beteiligten Parteien eine zugängliche und sichere digitale Version zur Verfügung stellt. Intelligente Verträge können für die Bestandsverwaltung und die Automatisierung von Zahlungen und Aufgaben verwendet werden.
4. Smart Contracts bei Finanzdienstleistungen
Intelligente Verträge helfen dabei, traditionelle Finanzdienstleistungen auf vielfältige Weise zu verändern. Bei Versicherungsansprüchen führen sie eine Fehlerprüfung durch, leiten Zahlungen weiter und überweisen sie an den Nutzer, wenn alles korrekt ist.
Intelligente Verträge enthalten wichtige Werkzeuge für die Buchführung und verhindern die Möglichkeit der Unterwanderung von Buchhaltungsunterlagen. Sie ermöglichen es auch den Aktionären, sich auf transparente Weise an der Entscheidungsfindung zu beteiligen. Außerdem helfen sie beim Handelsclearing, bei dem die Mittel übertragen werden, sobald die Beträge der Handelsabrechnungen berechnet sind.
Vorteile von Smart Contracts
Intelligente Verträge benötigen keine Makler oder andere Vermittler, um die Vereinbarung zu bestätigen. Sie eliminieren somit das Risiko der Manipulation durch Dritte. Außerdem führt das Fehlen von Vermittlern bei intelligenten Verträgen zu Kosteneinsparungen.
Alle auf der Blockchain gespeicherten Dokumente werden mehrfach dupliziert, so dass im Falle eines Datenverlustes die Originale wiederhergestellt werden können. Dazu kommt, dass Smart Contracts verschlüsselt sind und die Kryptographie so alle Dokumente vor dem Eindringen von Dritten schützt.
Intelligente Verträge automatisieren Aufgaben durch die Verwendung von Computerprotokollen und sparen so Stunden bei verschiedenen Geschäftsprozessen. Durch den Einsatz intelligenter Verträge werden Fehler vermieden, die beim manuellen Ausfüllen zahlreicher Formulare entstehen. Aus welchen Gründen soll man auf solche technologischen Mehrwerte verzichten?
Risiken von Smart Contracts
Die Änderung von Smart-Contract-Prozessen ist fast unmöglich, und jeder Fehler im Code kann zeitaufwändig und teuer zu korrigieren sein. Nach dem Grundsatz von Treu und Glauben sind die Parteien verpflichtet, fair zu handeln und keine unethischen Vorteile aus einem Vertrag zu ziehen. Bei der Verwendung von intelligenten Verträgen ist es jedoch schwierig, sicherzustellen, dass die Bedingungen entsprechend den Vereinbarungen eingehalten werden.
Obwohl mit intelligenten Verträgen versucht wird, die Beteiligung Dritter zu vermeiden, ist es nicht möglich, sie auszuschalten. Dritte übernehmen andere Rollen als bei herkömmlichen Verträgen. So werden beispielsweise keine Anwälte benötigt, um individuelle Verträge auszuarbeiten; sie werden jedoch von den Entwicklern benötigt, um die Bedingungen zu verstehen und Codes für intelligente Verträge zu erstellen.
Da Verträge Begriffe enthalten, die nicht immer verstanden werden, sind intelligente Verträge nicht immer in der Lage, mit vagen Bedingungen umzugehen. Es gibt also durchaus Gründe, die gegen Smart Contracts sprechen. Für uns jedoch keine Gründe, Smart Contracts grundsätzlich keinen Raum zu geben. Auch hier sind notwendig spezifizierte Gesetze und Einsatzzwecke notwendig um kommerzieller Ausbeutung durch Intelligente Verträge vorweg zu kommen.
Fazit zum Digitalausschuss
Auf die letzten zwei Punkte kommen wir nicht zu sprechen, da diese Punkte umfassend auf tausenden Seiten immer und immer wieder widerlegt wurden. Wir empfinden den Digitalausschuss als leider schlecht beraten. Die Meinungen im Netz zu dem Gespräch sind sich aber diesbezüglich einig. Erneut wird Technologie nicht ernst genommen, stattdessen wird wie auch so oft in der Vergangenheit erst dann wieder nach dem Zug geschaut, wenn dieser bereits vorbei gefahren ist. Es ändert sich, zumindest bei dem Thema „Innovation & Technologie“ wohl leider doch erst einmal nichts in Deutschland.